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Baukasten-Geschichte


        „Der Mann mit dem Vollbart“

        Ein Mann sitzt auf einer Schaukel. Er hat einen dichten, langen Vollbart, trägt
        eine Sonnenbrille und einen Regenmantel mit großen roten Punkten.
        Er schaukelt mit leuchtenden Augen und einem breiten Lächeln. Der Regen-
        mantel und der Bart wippen vor und zurück. Ich schaue ihn an. Trotz des Bartes
        sehe ich den kleinen Jungen, der Spaß an seinem knalligen Regenmantel hat, der
        seine Sonnenbrille toll findet und ganz in seinem Tun versunken ist. Vor und
        zurück. Hoch und immer höher. Dann sehe ich wieder den Mann und plötzlich
        wirkt der Bärtige seltsam deplatziert dort auf der Schaukel. Der Bart vermittelt
        Ernsthaftigkeit. Die beißt sich mit dem roten Regenmantel und mit der Hingabe,
        mit der er schaukelt. Selbstvergessen. Mit Spaß.
        Dieser Mann mit dem Vollbart scheint ganz bei sich zu sein. Es sieht aus, als ob
        er den Moment genießen würde. Wie alt mag er sein? 25? Über 40? Oder über
        50? Schwer zu sagen bei diesem Bart. Diese langen Bärte lassen Männer älter
        aussehen, als sie sind. Dabei ist er wahrscheinlich eher ein junger Mann, mo-
        disch gekleidet mit stylischer Sonnenbrille. Oder ist er vielleicht doch ein älterer
        Herr mit gewagtem Farbempfinden und empfindlichen Augen, der sich unbeob-
        achtet fühlt und nach vielen Jahren wieder schaukelt. Sich wieder einmal traut
        zu schaukeln und Kind zu sein. In diesem Moment wieder Kind ist. Ich weiß
        nicht, ob er mich gesehen hat.
        Ich sauge dieses Bild auf, dieses schräge Bild. Das Bild von einem Mann mit
        Vollbart, Sonnenbrille und einem knallig roten Regenmantel, der selbstvergessen
        schaukelt.





                 Vielen Dank

        Vielen Dank für meine Familie.
        Vielen Dank für die Orte, an denen ich mich zu Hause fühle.
        Vielen Dank für die spannenden Wege, die mein Leben nimmt: für die guten
        und für die schlechten.
        Vielen Dank für den Milchkaffee und für die morgendlichen Radtouren zur
        Arbeit.


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